David Giesbrecht ist seit einem Jahr als Volontär in Maalot tätig. In diesem Beitrag erzählt er von seiner Berufung und seinen Erfahrungen. Dies ist der zweite von zwei Beiträgen von David. Der erste ist überschrieben mit »Bewahrung unter Beschuss«

»Shalom lekulam« – ein israelischer Gruß der wörtlich übersetzt bedeutet: »Friede zu allen«. Mein Name ist David, ich bin 20 Jahre alt und gehe in die Mennonitengemeinde Neuwied-Irlich. Vor circa 1,5 Jahren habe ich nach meiner Ausbildung zum Fachinformatiker überlegt, was ich als Nächstes machen kann und kam durch das Vorbild meiner Geschwister auf den Gedanken, ein Auslandsjahr zu machen, in dem ich Gott dienen und ehren kann, ihn aber auch persönlich näher kennenlerne.
Durch Gebet und Gottes Führung fiel meine Entscheidung auf Israel, das »Gelobte Land«. Ich hörte durch eine Bekannte von dem deutschen Werk Zedakah, das im Norden Israels (9 km Luftlinie vom Libanon entfernt) ein Pflegeheim und ein Gästehaus für Holocaust-Überlebende betreibt. Schnell war mir klar: das ist der Ort, wo ich hinmöchte.
Doch circa zwei Wochen, nachdem ich den Vertrag für ein Jahr unterzeichnet hatte, kam der 7. Oktober 2023 und es geschah ein brutaler und unmenschlicher Angriff der Hamas auf Israel. Dieser Tag wurde für das jüdische Volk zum tödlichsten Tag nach dem Holocaust, mit über 1200 Todesopfern. Auch ich bekam davon mit und wurde plötzlich mit der Tatsache konfrontiert, dass ich in wenigen Wochen für ein Jahr in ein Land reisen würde, das sich mitten im Krieg befindet. Denn nicht nur am Gazastreifen, sondern gerade an der Nord-Grenze zum Libanon begannen mit dem 7. Oktober auch die Raketenangriffe der Terrorgruppen.
So stand ich da auf einmal vor der Entscheidung: Gehe ich in ein Kriegsgebiet oder ändere ich meine Pläne spontan. Ich hatte die Freiheit beides zu tun. Für mich persönlich kristallisierte sich aber schnell die eigentlich Frage heraus: »Was will Gott, dass ich mache?« – Denn, und da war ich mir sicher, wenn Gott mich dort und vor allem zu diesem Zeitpunkt haben will, so wird er es segnen. Und nicht nur das, wenn Gott mich in schwierige Situationen führt, so wird er mich auch hindurchtragen. Denn ob ich in Deutschland oder sonst wo bin, mein Gott ist bei mir.
Wie auch der Vers aus Matthäus 28,20 es sagt, der mich immer begleitet: »Und ich versichere euch: Ich bin immer bei euch bis ans Ende der Zeit.« – Ein Spruch, den ich in dem Zusammenhang gelesen hatte, fasst dies ganz gut zusammen: »Mut ist Angst, die gebetet hat!« – Und das ist eine Aussage, die ich bestätigen kann!
Am 5. Februar 2024 flog ich dann nach Israel, wo ich seither im Pflegeheim eingesetzt werde. Mit den Heimbewohnern, die teils sehr Schlimmes im Zweiten Weltkrieg erlebt hatten, darf ich seither als Pflegehelfer arbeiten. Dazu gehören unter anderem natürliche Aufgaben wie reinigen, Essen anreichen oder Beschäftigung. Wobei ich auch regelmäßig Zeit für Gespräche oder gemeinsame Spiele habe. Zu Beginn zwar nur mit den wenigen, die Deutsch, Englisch oder Jiddisch verstehen, mittlerweile habe ich durch das alltägliche Leben aber auch etwas Hebräisch lernen können, sodass ich mich mit den anderen nun auch in begrenzter Form unterhalten kann.
Die Arbeit wurde seit Beginn der Raketenangriffe in den Bunker verlegt und die Heimbewohner konnten nur gelegentlich ans Tageslicht. Ich bin Gott daher sehr dankbar, das wir als Mitarbeiter währenddessen noch in unseren Zimmern schlafen durften.
Über den Zeitraum dieses Jahres bin ich mit Israel durch verschieden Höhen und Tiefen dieses Krieges gegangen, ein Krieg der, wie sich herausstellte, schon jetzt der längste in der Geschichte dieses Staates ist. Und wer sich mit Israel beschäftigt, der weiß von welchen Seiten Israel überall angegriffen wird und wie viele Raketen zum Teil täglich auf Israel abgefeuert werden.
Im Oktober 2024 dann wurde der regelmäßige Beschuss, den wir hier im Norden erlebten, noch einmal auf die Spitze getrieben, sodass wir an manchen Tagen mehrmals Alarm hatten und es sogar soweit kam, dass wir als Mitarbeiter auch für eine Zeit lang im Bunker schlafen mussten.
Gott sei Dank wurden wir jederzeit vor Schlimmerem bewahrt, während manche Treffer in unserer Ortschaft auch Tote verursacht hatten. Spürbar waren da auch die ganzen Gebete von Gemeinden und Freunden. Denn trotz der vielen Angriffe und gefährlichen Situationen durften wir verspüren, wie Gott seine schützenden Hände über uns hielt.
Dabei konnte ich oft sehen, dass dieses Land einen Kampf führt zwischen zwei unterschiedlichen Seiten: die eine verherrlicht das Leben, die andere den Tod! Wenn die einen sich um jeden Menschen sorgen und kein einziges Leben verlieren wollen, rühmen sich die anderen dafür, Menschen umzubringen. Es stellt sich die Frage: Wie kann ein solcher Konflikt jemals enden?
Ich kam zu der Antwort, dass es keine endgültige Lösung geben kann, solange unser Herr nicht wiedergekommen ist! Und so durfte ich lernen, wie wichtig es für gläubige Christen sein sollte, regelmäßig für das Volk Gottes zu beten.
Ich persönlich bin durch die Erfahrungen die ich hier machen durfte, der Meinung, dass es
selbstverständlich sein sollte für jeden Christen, ein besonderes Augenmerk auf das Volk zu haben, das einen besonderen Stellenwert in Gottes Augen hat. Aus dem Grund möchte ich uns alle auch darauf aufmerksam machen, dass es essentiell zu unserem Gebet dazu gehören sollte, für Israel zu beten!
Abseits von all den Geschehnissen, Angriffen und dem Bunkeralltag musste ich meine Zeit hier aber nicht nur »unter Tage« verbringen, sondern konnte in ruhigeren Zeiten das wunderschöne Land bereisen und viele Orte besuchen.
Neben Wanderungen durch Wadis (Bachtäler), Badeausflüge an eins der vier Meere (Totes Meer, Galiläisches Meer, Mittelmeer, Rotes Meer) oder Camping-Touren durch die Wüste durfte ich Israel besser kennenlernen und seine Natur und Landschaft genießen.
In wenigen Tagen geht meine Zeit hier zu Ende und ich mache mich auf den Weg zurück nach Deutschland. Doch die Lage in Israel bleibt angespannt, weshalb neue Volontäre ausbleiben. Gerade jetzt werden jedoch dringend Mitarbeiter benötigt, die das Werk Zedakah in seiner Arbeit in Israel unterstützen – Menschen, die bereit sind, sich einzusetzen, um den Auftrag aus Jesaja 40,1 zu erfüllen: »Tröstet, tröstet mein Volk!, spricht euer Gott.«Sei es in der Haustechnik, Hauswirtschaft, Küche oder Pflege – jede Hilfe ist wertvoll und notwendig.
Mit lieben Grüßen und dankbar für jedes Gebet,
Euer David aus Israel.