Pessach 2024

„»Die jüdischen Feste lassen sich leicht zusammenfassen: man wollte uns vernichten – das hat nicht funktioniert – also feiern wir.« – So salopp ist es hier im Land immer wieder zu hören.

Sederabend in Maalot

Können wir, dürfen wir das Fest der Freiheit feiern, wenn 133 immer noch gefangen sind? – Diese Frage war vermutlich die am meisten diskutierte der letzten Tage. Und zum traditionellen Gruß »Chag Samech« – ein frohes Fest – wurde der Nachsatz hinzugefügt: »trotz allem«, oder: »so weit es geht«.

Viele deckten ein zusätzliches Gedeck, um an die Entführten, Ermordeten, Gefallenen, Verletzten und Reservisten zu erinnern, die nicht bei ihren Familien sind. »Der Herr, dein Gott, hat dich herausgeführt, errettet, erlöst, zu einem Volk gemacht.« – Dieser Satz ist Teil der Lesung des Abends und wurde in den meisten jüdischen Haushalten gelesen – welche Bedeutung hat er gerade heute! Auch wenn Pessach an den Auszug aus Ägypten erinnert, beteten diesen Satz sicher viele im Stillen als Gebet für die gegenwärtige Lage.

Wie jedes Jahr bereiteten wir uns (zusammen mit Israel) auf diese Pessachwoche vor: Es wurde geputzt, gekaschert, gekocht. Wie in 2. Mose 12 geboten, darf während dieser Zeit kein Sauerteig zu sehen sein. Der Sederabend ist als Beginn des Festes zugleich der festlichste Abend, der im Kreis der Familie gefeiert wird. Zusammen mit unseren Heimbewohnern feierten wir diesen Abend nicht wie sonst im festlich dekorierten Speisesaal, sondern im geschützten Bereich. Trotzdem war es ein schöner Abend in festlicher Atmosphäre.

Feiern mit den Heimbewohnern

Besondere Vorsicht und Alarmbereitschaft waren geboten, da Festtage (wie zuletzt auch an Simchat Tora, 7.10.2023) von den Feinden Israels oft für Anschläge missbraucht werden.

Alarmbereitschaft an den Feiertagen

Auch in Shavei Zion herrschte erhöhte Alarmbereitschaft. Um den Familienvätern und –müttern, die sich seit dem 7.10.2023 mit großem Einsatz in der örtlichen Bereitschaftstruppe engagieren, diesen besonderen Abend im Kreis ihrer Familien zu ermöglichen, haben wir Mitarbeiter uns kurzerhand dazu entschieden, sie etwas zu unterstützen, was mit großer Dankbarkeit angenommen wurde.

Für uns hatte das besondere Bedeutung: Am Sederabend 1943 begann die grausame »Auflösung« des Warschauer Ghettos durch deutsche Nationalsozialisten. Nur wenige Juden überlebten das Morden. Einen eindrücklichen Zeitzeugenbericht dazu gibt es auf yadvashem.org.

Und jetzt – 81 Jahre später – durften wir als Deutsche einen Teil dazu beitragen, dass jüdische Familien in Ruhe den Sederabend feiern können.

Wir feierten einfach ein paar Tage später und erinnerten uns an unsere Erlösung und daran, dass unser Abendmahl aus diesem Sederabend, den auch Jesus mit seinen Jüngern gefeiert hatte, stammt.

Die Erinnerung daran, dass immer noch Krieg herrscht, kam noch in derselben Nacht, als vom Libanon aus eine Salve von 35 Raketen Richtung Safed in Nordisrael abgefeuert wurde. Am Nachmittag des folgenden Feiertags heulten in den Ortschaften um Shavei Zion die Sirenen und auch wir begaben uns in die Schutzräume. Gott sei Dank entstand kein Schaden.

Sederabend des Kindergartens in unserem Speisezahl – und unsere Nachfeier in Shavei Zion