Eine Geburtstagsfeier ohne Geburtstagskind

eingetragen in: Israel, Meldungen, Mitarbeiterberichte

zusammengestellt von Nelli Bayer

Es ist der 31. August, ein Schabbat. Das Wetter ist angenehm, das Meer blau, die Umgebung heute sehr ruhig hier im Norden Israels, obwohl wir uns ja eigentlich in einer Kriegssituation befinden.

Urija hätte heute seinen 21. Geburtstag gefeiert. Hätte – wenn wir ihn nicht im Dezember 2023 hätten begraben müssen. Trotzdem haben wir zu einem Dankesfest an den Strand von Shavei Zion eingeladen. Wir trauern und wir feiern, wir weinen und wir lachen gleichzeitig. Wir sind traurig, ihn nicht mehr in den Arm nehmen zu können, und danken doch Gott, dass wir ihn haben durften. Etwa 250 Freunde haben mit uns dieses Dankesfest gefeiert. Hier sind einige ihrer Stimmen:

Michelle, eine Bekannte von Urija: »Am Strand ist eine Feier, viele Leute, junge und alte. Es wird Volleyball gespielt, ins Wasser gesprungen, zusammengesessen. Man hört Lachen und Kinderstimmen. Es gibt gutes Essen, kalte Getränke – eine tolle Stimmung. Kurz gesagt, eine wunderbare Geburtstagsfeier. Nur eine Sache fehlt. Das Geburtstagskind Urija.

Urija Bayer; am 31. August vor 21 Jahren kam er auf die Welt. Heute müssen wir ohne ihn feiern. Ein trauriges, beklemmendes Gefühl. Wie kann man einen Geburtstag feiern, wenn das Geburtstagskind dieses Alter nie erreicht? Vor einem Jahr war noch alles normal, heute ist vieles so anders.

Geschenke kann Urija an diesem Geburtstag keine mehr auspacken, die Kerzen auf der Torte nicht auspusten … Und doch dürfen wir uns heute freuen, da Urija das größte Geschenk bereits vor seinem Tod bekommen und annehmen durfte. Dass Jesus für ihn starb und ihm so ein neues, ewiges Leben schenkte.

In dieser Gewissheit konnten wir – Freunde, Familie, Gemeinde und Leute aus seiner Militärzeit – zusammen feiern und uns freuen. Und uns an den fröhlichen jungen Mann erinnern, der er war.«

Eine Freundin von Familie Bayer: »Urijas Geburtstag … Wie kann man einen Geburtstag feiern von jemandem, der nicht einmal selbst anwesend ist? Zunächst ist das schwer zu verstehen. Du kommst an und alle Freunde von Urija sind da, die Familie. Selbst das gesamte Team der Armee bekam wie durch ein Wunder Ausgang an diesem Wochenende; es gibt das Lieblingsessen von Urija. – Und dann das Meer! Das hat Urija an Israel am meisten geliebt. Oft war er hier, um zu entspannen oder einfach nur zu genießen.

Die Geburtstagsfeier weckt unterschiedliche Gefühle in mir. Aber ich weiß, dass Urija ein froher Mensch war, der auch mich oft froh gemacht hat – wie kann man da traurig sein!

Wir spielten Volleyball, was sein Lieblingsspiel war, wir gingen ins Meer, auch wenn es ein bisschen gefährlich und stürmisch war. Am wichtigsten war, dass wir neue Gespräche mit Menschen führten, die wir noch nie getroffen und mit denen wir noch nie gesprochen hatten. Genau so war Urija: Bei ihm zählte nie, wer die Person war, um auf sie zuzugehen. Er tat es einfach.

Es ist unmöglich, den Schmerz zu verbergen, dass Urija für immer 20 Jahre alt bleiben wird, aber wir halten an der lebendigen Hoffnung fest, an endloser Freude und Glück, dem wahren Zuhause, das auch wir eines Tages zu erreichen hoffen. Jesus sei Dank für Urijas Gaben, er hat ihn vielleicht sogar ein wenig mehr gesegnet als uns alle.«

Ein Freund von Urija: »Schalom. Mein Name ist Amit und ich gehöre zur Armee-Einheit von ›Bayer‹ – so nannten wir Urija. Die Geburtstagsfeier von Urija am letzten Schabbat, 31. August, am Strand von Shavei Zion, war für mich genauso, wie wenn Urija sie selbst organisiert hätte. Lustig und gleichzeitig berührend. Auffällig war der große Einsatz seiner Freunde und seiner Familie und die Liebe zum Detail. Es gab Volleyball, was er so gerne spielte, Sonnensegel mit Urija-Flaggen darauf, seine Hemden, Kinder-Kekse mit seinem Bild – er war regelrecht süchtig nach Kinder-Schokolade … Die große Menschenmenge spiegelte mir wider, wie viele Menschen er berührt hatte … Und es machte auch Spaß, neue Menschen kennenzulernen, solche, die ihn in seinem Leben begleitet hatten. Ich möchte das im Namen unseres ganzen Teams sagen, die wir das Vorrecht hatten, mit ihm zu kämpfen und einen so großartigen Freund kennenzulernen, der natürlich immer ein Teil von uns bleiben wird!«

Ein gläubiger Freund von Urija: »Urija, mein lieber Bruder, hier sind wir, Familie und Freunde, und feiern deinen Geburtstag. Wir feiern ihn zum ersten Mal, seit du im Himmel bist.

Das Leben eines kleinen Jungen mit großen Plänen und dem Wunsch, das Leben zu feiern, wurde abgeschnitten. Du solltest jetzt eigentlich gemeinsam mit deinen Kollegen in die große Welt entlassen werden. Du würdest wahrscheinlich alles machen wollen: die Welt bereisen, aber auch zu Hause bei der Familie sein.

Urija ist seit fast neun Monaten nicht mehr unter uns. Sein Lachen und sein freundliches Lächeln gibt es nur noch in der Erinnerung und auf Bildern. Und die Sehnsucht nach ihm – sie ist so groß, sie schmerzt so sehr. Wenn jemand seinen Namen erwähnt, kommen mir die Tränen von selbst.

Er hat mich vor ein paar Jahren ins Herz geschlossen, als ich ihn vor dem Militär angeleitet habe, und seitdem hatte ich das Vorrecht, ihn zu begleiten. Ich weiß nicht warum, aber ich erinnere mich genau an den Tag und den Moment, als ich anfing, für ihn zu beten. Ich betete, dass Gott ihn bewahren möge. Ich bat Gott immer wieder, ihn nicht wegzunehmen.

So war es auch am 7. Oktober, als ich einberufen wurde. Urija war der erste, dem ich geschrieben habe. Nachdem ich im Gaza-Gebiet angekommen war und all die Gräuel sah – die vielen toten Soldaten – bat ich Gott, ihn wenigstens sehen zu dürfen, auch wenn es zum letzten Mal sein sollte.
Wir haben dann während der gesamten Kampfzeit immer wieder versucht, uns einmal zu treffen, aber es ist uns leider nicht gelungen.

An jenem Donnerstag, den 14. Dezember 2023, als er verletzt wurde, konnte ich es nicht glauben. Ich habe getan, was ich konnte, und bin so schnell wie möglich gekommen, nur um ihn zu sehen. Während der folgenden Tage der Gnade, als sein Herz noch schlug, konnten wir neben ihm sitzen und uns von ihm verabschieden.

Wir sind nun räumlich getrennt, aber Urija ist für immer in meinem Herzen. Ich möchte ihn jeden Tag feiern; ich liebe ihn von ganzem Herzen. Alles Gute zum Geburtstag!❤️«

Eine Freundin von Familie Bayer: »Das Geburtstagsfest war ein sehr besonderes Treffen, dort am Meer in Shavei Zion, an dem Platz, den Urija so sehr geliebt hat. Besonders, dass wir gemeinsam mit euch den Sonnenuntergang erleben konnten. 
 
Dieses Treffen hat die Komplexität unseres gesellschaftlichen Lebens hier in Israel widergespiegelt. Ein ›vielschichtiges‹ Begegnen, auch in den Emotionen: Mit dem einen weinte man, beim nächsten überwog die Wiedersehensfreude nach langer Zeit. 
 
Vielen, vielen Dank, liebe Bayer-Familie, dass ihr an diesem wunderbaren Platz und mit euren Ressourcen solch ein Treffen ermöglicht habt. Ich bin sicher, dass es ein Teil eurer Berufung ist, und dass ihr darauf schon im Voraus vorbereitet wurdet, durch alles, was ihr erleben musstet. Durch den Tod von Urija seid ihr auch als Werk ZEDAKAH auf eine erweiterte Ebene eurer Berufung gehoben worden. Die Holocaustüberlebenden verlassen nach und nach diese Erde. Und heute befinden wir uns zusammen mit ihnen in einem Überlebenskrieg für das ganze jüdische Volk. Eure Berufung zu trösten mit dem Trost, den wir empfangen, bleibt bestehen! 
 
Mit einem Wort aus Psalm 92 möchten wir euch segnen: ›HERR, wie sind deine Werke so groß! Deine Gedanken sind sehr tief. Ein Törichter glaubt das nicht, und ein Narr begreift es nicht. Die gepflanzt sind im Hause des HERRN, werden in den Vorhöfen unseres Gottes grünen. Und wenn sie auch alt werden, werden sie dennoch blühen, fruchtbar und frisch sein, dass sie verkündigen, dass der HERR gerecht ist; er ist mein Fels und kein Unrecht ist an ihm.‹
 
Für unseren Sohn war es ein besonderes Erlebnis, viele seiner Freunde sehen zu können und etwas ›Sonne auf die Haut‹ zu tanken – nach drei Wochen ununterbrochen in der Uniform in Khan Yunis in Gaza. Danke für’s Organisieren!«