Friedrich Nothacker war Prediger der Liebenzeller Mission. Als er seinen Dienst aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, zog er mit seiner Frau Luise in seinen Heimatort Maisenbach und baute dort 1936 das Haus Bethel: ein bescheidenes Heim, in dem gläubige Menschen Kraft und Wegweisung aus Gottes Wort empfangen sollten.

Luise und Friedrich Nothacker
Luise und Friedrich Nothacker

Dort, auf den Höhen des Schwarzwalds über Bad Liebenzell, war in den Fünfzigerjahren unter den Gästen des Hauses eine lebhafte Frau aus London, Helene Wyman. Sie war Jüdin und stammte aus einer orthodoxen Familie. Als junge Frau fand sie zum Glauben an Jesus. Sie hatte erkannt, dass Jesus auch der Messias der Juden ist, war den Marburger Diakonissen in Vandsburg (Westpreußen) beigetreten und arbeitete Jahrzehnte unter Juden in Odessa und in Jugoslawien. In ihrem Ruhestand wohnte sie in London.

Im Alter von 77 Jahren kam Helene Wyman zum ersten Mal zur Erholung nach Maisenbach ins Haus Bethel. Sie weckte bei der kleinen Hausgemeinde, vor allem bei den Hauseltern Nothacker, die Liebe zu Israel und eine besondere Aufmerksamkeit für Gottes schwere Wege mit seinem Volk. Erst zwei Jahre später sprach Helene Wyman mit den Hauseltern über ihren sehnlichen Wunsch, den Geschundenen ihres jüdischen Volkes Gutes zu tun und sie über ihrem grenzenlosen Leid zu trösten.

Nothacker und Wyman am See Genezareth
Nothacker und Wyman am See Genezareth

Sie selber hatte mehr als siebzig Verwandte im Holocaust verloren und wusste, dass Liebe allein Wunden heilen oder wenigstens Schmerzen lindern kann. Sie bat schließlich Friedrich Nothacker, mit ihr im Winter 1957 nach Israel zu reisen. In Haifa, auf dem Karmel, fand sich eine Mietwohnung für Schwester Helene. Dort konnte sie die ersten Gäste aufnehmen und mit Liebe umgeben. Aber nur kurze Zeit war es ihr vergönnt, den Dienst an ihren jüdischen Landsleuten auszuüben. 1959 starb sie. Nun waren es die Geschwister Nothacker, die sich von Gott berufen sahen, ihren Plan – Gottes Plan! – auszuführen und ein Erholungsheim für Holocaustgeschädigte in Israel einzurichten.

Als Nothackers 1959 zusammen mit einigen Glaubensgeschwistern den Entschluss zum Kauf der verlassenen Pension »Lido« am Strand von Nahariya fassten, hatten sie mehr Gottvertrauen als Geld. »Doch der, dem Silber und Gold gehört, ließ uns Schritt für Schritt seine Liebe erfahren«, so schrieb Luise Nothacker über jene Zeit. In Zelteinsätzen, Israelvorträgen und Rundbriefen warb Bruder Nothacker in Deutschland um Unterstützung und um junge Leute für den Aufbau in Israel.

Das Gästehaus Lido in Nahariya
Das Gästehaus Lido in Naharia

Weil er selbst die Dringlichkeit des göttlichen Rufes »Tröstet, tröstet mein Volk!« verstanden und tief in sein Herz aufgenommen hatte, gelang es ihm, viele junge Freiwillige zu begeistern, die in Bautrupps meist über die Wintermonate in Israel mit Hand anlegten. Es waren Männer und Frauen, die für einige Zeit auf ihr gewohntes Einkommen verzichteten und sich mit einem äußerst bescheidenen Taschengeld begnügten, um so ihren Beitrag zu dem Dienst an Holocaustüberlebenden zu leisten und dem Volk Israel Gutes zu tun.

»Gesegnet sei, wer dich segnet!« heißt es wiederholt in der Schrift. Das wussten die jungen Leute, und heute hört man sie sagen: »Wir haben das auf wunderbare Weise erfahren.« Ende April 1960 konnte das Erholungsheim Beth El – so wurde die umgebaute Pension Lido in Naharia von den Eheleuten Nothacker benannt – feierlich seiner Bestimmung übergeben werden.

Das Gebäude in Shavei Zion im Rohbau.
Das Gebäude in Shavei Zion im Rohbau: Bald war »Lido« zu klein geworden.